“Wir brauchten jemanden, der uns hilft, ein gemeinsames Bild von der Zukunft zu entwickeln”
Wie die Inhaber eines Hamburger Stadtplanungsbüro wieder zueinander und neue Perspektiven für ihr Unternehmen fanden.
Die meisten Gründer starten ein neues Unternehmen, weil sie das Gefühl haben, etwas besser machen zu können als die etablierten Anbieter im Markt. So war es auch bei Julian Petrin, der mit urbanista vor mehr als 20 Jahren, in der Hochphase der damaligen Startup- und Dotcom-Phase, nicht weniger als Stadtplanung völlig neu denken und „sowas wie das Greenpeace unserer Branche“ auf die Beine stellen wollte.
Der Plan ging auf, urbanista prosperierte. Heute hat das Unternehmen ein gutes Dutzend Mitarbeiter und begleitet innovative Stadtentwicklungsprozesse und -konzepte in der ganzen Republik. Die Firma wuchs aber nicht nur, sie veränderte sich über die Zeit auch stark: durch neue Inhaber, neue Mitarbeiter und zusätzliche Geschäftsfelder. „Wir sind hier alle sehr verschieden, aber wir denken, dass das unsere Stärke ist“, sagt Suitbert Schmitt, der seit 2007 zum Kreis der Gesellschafter zählt.
Doch wie im Laufe der Jahre immer deutlicher wurde, kann der Umgang mit dem Andersartigen auch zu Problemen führen – sowohl bei Kunden als auch innerhalb des Teams. So sind etwa urbanistas Auftraggeber überwiegend klassisch hierarchisch strukturierte Behörden, urbanista selbst arbeitet aber wie ein kreatives Netzwerk – ein „Kulturkonflikt“ scheint programmiert. Besonders mutige Auftraggeber erhoffen sich von dieser konträren Struktur neue Impulse im Hinblick auf Kreativität und Innovation. Allerdings hat die unterschiedliche Organisation im einen oder anderen Fall durchaus auch zu Konflikten geführt.
Die Gründungspartner von Unternehmen sind oft sehr unterschiedlich. Und der Vorrat an Gemeinsamkeiten ist irgendwann erschöpft.
Aber auch zwischen den Inhabern knirschte es zunehmend, wenn auch kaum offen ausgetragen. Zu verschieden ihre Persönlichkeiten, ihre Kommunikations- und Führungsstile, zu unterschiedlich aber offenbar auch ihre Vorstellungen davon, wohin sie sich persönlich und gemeinsam mit ihrem Unternehmen entwickeln wollten. Das blieb auch den Mitarbeitern nicht verborgen. „Auf der Führungsebene hatte sich im Zuge unseres Wachstums ein Vakuum breitgemacht“, sagt Julian Petrin, der phasenweise zusätzlich eine Professur in Kassel bekleidete. „Als wir gemerkt haben, dass einzelne Mitarbeiter versuchen, diese Lücke zu füllen und dass es dadurch zu Konflikten kommt, war klar, dass wir die Reißleine ziehen müssen.“
In diese Zeit fiel unser erster Kontakt mit urbanista. Aus unserer Sicht, Annette Kinne und Jan-Hendrik Brune, war schnell klar, dass das Unternehmen nach mehr als 15 Jahren an einem Wendepunkt stand: Einerseits ermöglichte die Tatsache, dass mit dem französischen Architekten Tristan Lannuzel ein dritter Partner dazu gestoßen war, zusätzliches Wachstum. Urbanista wurde zum Marktführer, immer größere und komplexere Projekte wurden angefragt. Die führten andererseits zu einer immer höheren Arbeitsbelastung. Irgendwann hatten die drei gemerkt: Zwischen täglichem Mikromanagement und ungeklärten Konflikten war ihnen die Vision von der Zukunft des Unternehmens verloren gegangen. Vor allem eine gemeinsame Vision. Die Frage, ob und wie es gemeinsam weitergehen sollte, stand wie der sprichwörtliche Elefant im Raum: alle sehen ihn, aber niemand spricht darüber.
„Wir sind keine ausgebildeten Manager, die wissen, wie man mit solchen Orientierungskrisen umgeht“, erinnert sich Tristan. „Deswegen brauchten wir jemanden an unserer Seite, der uns hilft, die richtigen Fragen zu stellen. Jemanden, der uns zeigt, wie wir uns gemeinsam weiterentwickeln können.“
Die Aufgabe: Den idealen Arbeitsplatz bauen. Das Ergebnis: Ein neues Geschäftsmodell.
Zur Lösung schlugen wir einen zweitägigen Klärungs- und Orientierungsworkshop mit den drei Inhabern vor. Zum Einstieg sorgte bereits die Betrachtung aktueller Projektsituationen im Kontext der ökonomischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte für einen veränderten Blick auf die Spannungen, die in Kundenprojekten immer wieder viel Kraft kosteten. Ein erster Schritt, um sich wieder gemeinsam anzunähern, war damit getan.
„Um den Problemen in der Zusammenarbeit auf Partnerebene weiter auf den Grund gehen zu können, brauchten wir erstmal eine Atmosphäre, in der wir uns auf Augenhöhe begegnen konnten. Als die da war, ist es uns gelungen, die unterschiedlichen Blickwinkel zu akzeptieren und diese als bereichernd zu erleben“, berichtet Julian. Unser Ziel dabei: Durch Sicherheit Offenheit herstellen, denn nur, wer sich sicher fühlt, kann sich und anderen wertschätzend begegnen. Tristan beschreibt es wie folgt: „Es war ungemein befreiend und wichtig, dass jeder von uns gemerkt hat: Keiner macht hier etwas falsch, nur macht es eben jeder anders. Jeder bringt seine individuelle Perspektive auf die Dinge mit.“
Im nächsten Schritt haben wir uns daran gemacht, einen Prototypen für „meinen idealen Arbeitsplatz“ zu bauen – zunächst alle drei Partner aus ihrer jeweils individuellen Perspektive. Das war unser Schlüssel, um eine gemeinsame Klarheit für urbanista als idealen zukünftigen Arbeitsplatz zu erarbeiten. Die einzelnen Bausteine ließen sich dabei leicht verrücken, Szenarien durchspielen, neue Ideen konnten im zusammengeführten Prototypen überraschend gut sichtbar gemacht werden.
„Tristan hatte eine Art Arena gebaut, einen Ort, an dem man sich zum Thema Stadtplanung weiterbilden kann“, berichtet Julian. „Daraus ist noch im Workshop die Idee für eine Erweiterung unseres Geschäfts entstanden: eine urbanista-Akademie für partizipative Stadtentwicklung.“
Angstfreiheit und intensive Begegnung sind die Grundlagen für Klarheit und neue Orientierung
Mit den Ergebnissen des ersten Tages ließen sich am zweiten Workshop-Tag gut die Hürden im Umgang der drei untereinander angehen. Denn die Erfahrung zeigt: In vielen Gründerteams wird jahrelang nicht thematisiert, was den einen am anderen stört. Fehler werden nicht offen angesprochen, alte Verletzungen und Blockaden nie aufgearbeitet. In unseren Projekten legen wir dabei viel Wert darauf, dass sich jeder Teilnehmer in dem von uns begleiteten Austausch nur so weit öffnen kann und soll, wie es ihm individuell möglich ist. Schließlich geht es darum, Blockaden zu lösen und den Raum für eine angstfreie und intensive menschliche Begegnung zu schaffen.
Als am Ende der beiden Tage alles bisher Ungesagte offen auf dem Tisch lag, war die Erleichterung mit Händen zu greifen. Schließlich lagen sich die drei Inhaber sogar in den Armen. Ein für uns alle sehr bewegender Moment, den wir nicht so schnell vergessen werden.
Neben dem neuen Geschäftszweig ein weiteres „Abfallprodukt“ der intensiven Arbeit: eine in weniger als einer Stunde entwickelte neue Organisationsstruktur für urbanista – ein Projekt übrigens, das schon länger durch Köpfe geisterte, unter anderen Umständen aber sicherlich viele Monate in Anspruch genommen hätte. Mit großer innerer Klarheit und einer unbändigen Umsetzungsenergie im Gepäck haben Julian, Suitbert und Tristan unser Büro verlassen. Die gemeinsame Arbeit geht weiter. Aber das schwerste Stück ist schon geschafft.
Inhaber, Partner und Geschäftsführungsteams, die an einer Klarheit und Orientierung für ihre zukunftsfähige Ausrichtung der Organisation arbeiten möchten, können mit uns Schritt für Schritt einen vergleichbaren Weg gehen.