Ein Change-Prozess ist wie das Geschehen auf einer Bühne oder auch in einem Film. Jede Rolle, vom Hauptdarsteller bis zum Statisten, ist für das Gelingen von Bedeutung. Die Darsteller müssen sorgfältig ausgesucht und der Einsatz richtig geplant sein. Im Change-Prozess – vor allem in großen Unternehmen – können die Change Agents die entscheidende Rolle für den Transport von Botschaften und Wissen in die Kollegenkreise hinein spielen. Sie können aus dem Projektkernteam oder auch zusätzlich rekrutiert werden.
Der Einsatz dieser Multiplikatoren ist dann sinnvoll, wenn es darum geht, neues Wissen bzw. Kompetenzen sowie aktuelle Detailinfos und -ergebnisse aus dem Veränderungsvorhaben bei einer großen Anzahl von Mitarbeitern zu verankern. Kompetenzen können dann in Gestalt von flächendeckenden Schulungen – in allen betroffenen Organisationseinheiten und Standorten – erworben werden.
„Professionelles Reklamationsmanagement“ beispielsweise ist solch‘ ein Thema, das branchenübergreifend immer bedeutsamer wird und die Macht des Kunden würdigt. Solche Themen bzw. Inhalte, in denen es um das individuelle Verhalten des Mitarbeiters im Kontakt mit dem Kunden geht, können nicht mit schriftlichen Kommunikationsmedien wie Newsletter etc. abgedeckt werden; auch (Groß-) Veranstaltungen sind hier nicht mehr zielführend.
Die Einsatzgebiete der Change Agents können also ziemlich vielfältig sein, in jedem Fall aber müssen sie echte Überzeugungsarbeit im Sinne der intendierten Veränderung leisten. Jede noch so gut gemeinte Strategie des Einsatzes von Multiplikatoren scheitert früher oder später, wenn der verantwortliche Change-Manager nicht auf die nachfolgenden Aspekte besonders achtet:
Commitment der Führungskräfte
Die Multiplikatoren müssen von ihren jeweils zuständigen Führungskräften partiell freigestellt werden. Das heißt: der Change-Manager muss im ersten Schritt das Change Agents-Konzept und dessen erfolgsentscheidende Bedeutung mit seiner Führungsmannschaft besprechen und dafür das Commitment einholen. Für die Führungskräfte heißt das, personelle Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Wobei hier wiederum entscheidend ist, dass nicht die ohnehin entbehrlichen Mitarbeiter partiell freigestellt werden, sondern die geeigneten und die sitzen in der Regel nicht herum.
Innere Überzeugung des Change Agents
Das Wahrnehmen der Rolle des Multiplikators macht nur Sinn, wenn der Mitarbeiter von dieser Aufgabe überzeugt ist. Er muss selbst grundsätzlich hinter den Veränderungszielen stehen und mögliche Bedenken und Sorgen müssen im Gespräch mit ihm diskutiert werden. Typische Fragen eines potentiellen Change Agents sind:
- „Welche Risiken gehe ich persönlich ein, wenn ich diese Rolle wahrnehme? Stelle ich mich hinter eine Sache, die scheitern wird oder kann und am Ende belächeln mich alle, insbesondere meine Kollegen?“
- „Steht meine direkte Führungskraft wirklich dahinter, ohne dass ich Nachteile zu befürchten habe?“
- „Wenn Andere zwischenzeitlich Teile meiner üblichen Arbeit erledigen, was passiert, wenn ich zurückkomme?“
- „Schaffe ich das überhaupt?“
Netzwerk der Change Agents
Es ist sinnvoll, ein festes Netzwerk für die Multiplikatoren einzurichten – besonders mit Blick auf den letzten Punkt „schaffe ich das überhaupt“? Die regelmäßigen Treffen sind auch ein Muss für den Change-Manager: Denn hier erfährt er, was an der Basis läuft und ob ggf. eine Kursänderung erforderlich ist.
Die Kraft des Durchhaltens
Anfangs werden bei den Change Agents noch Zweifel und Sorgen im Rahmen ihrer Rollenwahrnehmung überwiegen. Sie werden infolgedessen jede sich bietende Situation oder Argumentation nutzen, um sich zurückzuziehen und aus der Verantwortung entlassen zu werden. Daher ist es ganz besonders wichtig, dass der Change-Manager von Beginn immer wieder auf die ganz besondere Bedeutung der Multiplikatoren-Rolle für den Veränderungsprozess hinweist. Und deutlich macht, dass er selbst ohne „wenn und aber“ hinter den Veränderungszielen steht und es hierzu keine Alternative gibt.
Hinweis: Dieser Beitrag ist in Auszügen dem Buch “Change Management im Vertrieb – das Praxishandbuch für Entscheider” Haufe-Verlagsgruppe, entnommen
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Personelle Zusammensetzung des Projektkernteams