Welches Wirtschaftsmagazin wir auch aufschlagen, welcher Social Media Kanal uns das Neueste verkündet: Jeder redet von Change, aber was verstehen wir eigentlich darunter – und ist wirklich jede Situation veränderungsbedürftig? Veränderung ist menschheitsgeschichtlich der Motor für Entwicklung. Würden wir uns nicht verändern, würden wir heute noch das gerade erlegte Mammut am Lagerfeuer verspeisen.

 

Oder war vielmehr das Aussterben des Mammuts die Veränderung, die die Entwicklung des Menschen vorangetrieben hat? Unbestritten ist, dass Veränderung, Wandel in jüngerer Geschichte in immer größerer Schnelligkeit geschehen. Vor rund 80 000 Jahren begann die Wanderungsbewegung des homo sapiens vom afrikanischen Kontinent zu anderen Erdteilen. Innerhalb von rund 0,125 Prozent dieses Zeitraumes, vor gerade einmal etwas mehr als einem  Jahrhundert kam das Automobil auf die Straße, das Flugzeug in die Lüfte und die bemannte Raumfahrt „eroberte“ den Mond. Unbestritten wächst auch die Komplexität der Anforderungen unaufhörlich, die auf den modernen Menschen einstürmen

  • Im Finanzsektor stellen technologischer Wandel, intensiver Wettbewerb und Margenverfall die Banken vor neue Aufgaben.
  • Bei den Versicherungen wächst der Wettbewerbsdruck durch Direktversicherer. Die zunehmende Internationalisierung von Produkten erhöht die Produktvielfalt und Komplexität und indiziert immer  undurchsichtigere Märkte.
  • Auch die Automobilindustrie ist im Wandel begriffen: Energieeffiziente Autos, Elektroantrieb, rasch wachsende Eigenmarken aus Indien und China sind nur einige Änderungen, für die sich diese Branche wappnen muss.

Damit wird die Auseinandersetzung mit Veränderung und Komplexität zu einem wichtigen Stellhebel für den Unternehmenserfolg. Hier stellen sich die großen W-Fragen: Warum Veränderung und wann? Wie Veränderung und wer ist der Motor der Veränderung?

  • Warum soll es eine Veränderung im Unternehmen oder des Unternehmens geben und wann soll diese stattfinden? Eine Antwort kann lauten: „Damit mein Unternehmen auch in fünf Jahren noch erfolgreich am Markt ist“ oder aus einer anderen Perspektive: „Weil es der Markt verlangt, sonst ist mein Unternehmen weg vom Fenster“.
  • Wann soll es eine Veränderung geben? Eine Antwort kann lauten: „Ich will bereits gut aufgestellt sein, wenn die Veränderung unumgänglich ist. Darum beginne ich  mit der Veränderung jetzt.“ Oder aus einer anderen Perspektive: „Ich beginne dann mit der Veränderung, wenn mir gar nichts anderes mehr übrig bleibt.“

In den zwei-mal-zwei-Antworten zeichnen zwei Archetypen ab – Getriebener und Gestalter, anders ausgedrückt: Bin ich Opfer der Umstände oder Gestalter des Erfolgs? Natürlich können wir nicht ausblenden, dass auch der ‚Gestalter‘ heute in einer bisher nicht dagewesenen Komplexität agiert. Selbst große Konzerne können bedingt durch die internationale Vernetzung von Waren-, Dienstleistungs- und Finanzströmen nur noch bedingt Marktveränderungen initiieren.

  • Wie soll die Veränderung vonstattengehen? Change Management, das ‚Wie‘ des Wandels in der Wirtschaftswelt, steht vor neuen Herausforderungen, wenn die Effekte nicht anderentags schon wieder verpuffen sollen. Viele Change-Management-Prozesse berücksichtigen nicht  das heutige hochdynamische Umfeld, in dem sich die Rahmenbedingungen rasant wandeln. Beispielhaft seien hier die gravierenden Fehleinschätzungen von Ratingagenturen und Wirtschaftsinstituten vor und während der Finanzkrise genannt. Change Management muss sich also selbst verändern.
  • Wer gestaltet Veränderung im Unternehmen? Die Gründe für anstehende Veränderungen im Unternehmen sind vielfältig, von der Fusion zweier Unternehmen über Wettbewerbsdruck bis zur antizipierenden Neuaufstellung.  Veränderung kann strategischer, mentaler und organisatorischer Natur sein. Das Ausmaß der Veränderung korreliert mit den Hierarchien im Unternehmen. Ist die große strategische Zielsetzung beim Vorstand angesiedelt, so liegt die Neuausrichtung des CRM eher im Mittelfeld – etwa beim Bereichsleiter – und der Abteilungsleiter ‚schlägt‘ sich mit der Widerstandsbearbeitung herum. Und jeder Führungsebene kann eine darüber liegende ‚dazwischen funken‘, dem Vorstand etwa ein Votum des Aufsichtsrates. Jede Führungskraft aber trägt Verantwortung und das Empfinden der Verantwortung kann bei einem kleinen Mitarbeiterstab genauso tief sein wie beim Konzernlenker selbst. Die Veränderungen, die in höheren Hierarchieebenen stattfinden, betreffen auch die darunterliegenden – umgekehrt wirkt sich auch die kleinste Veränderung in einer  Abteilung mittelfristig auf die gesamte Organisation aus. Ein Gesamtverständnis dessen, was die Player und Keyplayer im Unternehmen antreibt, ist durch alle Hierarchieebenen hindurch der Garant für ein zukunftsfähiges Unternehmen.

Hinweis: Dieser Beitrag ist in Auszügen dem Buch “Change Management im Vertrieb – das Praxishandbuch für Entscheider” Haufe-Verlagsgruppe, entnommen