„Jan Müller hat genug“ titelt der Autor eines ZEIT-Dossiers. Wer ist eigentlich dieser Jan? Jan Müller ist 18 Jahre alt, er heißt Jan, weil das der häufigste Name in seinem Jahrgang ist, lebt in Nordrhein-Westfahlen, weil dort die meisten 18 Jährigen leben, genauer gesagt in Köln, weil das die größte Stadt in NRW ist, er sagt von sich „Ich blicke positiv in die Zukunft“. Jan ist ein Musterknabe, ein Ergebnis aus Daten und Fakten, die die Hamburger Werbeagentur Jung von Matt in zahlreichen Umfragen und Hausbesuchen ermittelt hat.

 

Jan beschäftigt die deutsche Wirtschaft, weil er der Konsument der Zukunft ist und wenn die Wirtschaft weiter wachsen soll, muss er sehr viel einkaufen gehen. Dabei hat er schon fast mehr als er benutzen kann. In seinem knapp 15 Quadratmeter großen Zimmer stehen fast 500 Produkte, u.a. ein Fernseher, eine Playstation, ein Smartphone, ein Computer und vieles mehr. Sein fiktiver Großvater Wilhelm Müller arbeitete schon in sehr jungen Jahren in der Fabrik, besaß ein paar Hemden, eine Hose, die er jeweils so lange trug, bis sie sich nicht mehr flicken ließ – da war viel Raum für Wünsche.

 

Warum geht Jan Müller arbeiten?

Und Jan Müller? Was wünscht er sich noch? Betrachten wir ihn einmal unter dem Blickwinkel eines Mitarbeiters in einem Unternehmen und als Führungskraft der Zukunft. Was treibt den, der schon alles hat an? Warum geht er arbeiten? Um noch mehr Produkte zu kaufen? Ziel ist, mehr zu erreichen als die Generation der eigenen Eltern, aber wenn ein Mensch alles hat, was er braucht, wird dieses Streben irgendwann sinnlos.

Welche Ziele sind es dann, die es sich zu verfolgen lohnt? Für welche Werte lässt es sich kämpfen und streiten? Fragen, die auch ich mir stelle, die ich – Jahrgang 1986 – der Generation Y zugerechnet werde – zu der Jan Müller als jüngster Repräsentant gerade noch gehört, bevor die sog. Generation Z beginnt.

 

Wie können Unternehmen die Jan Müllers begeistern?

Und was bedeutet dieser Fragenkanon für Unternehmen? Wie können sie Mitarbeiter unserer Generation nicht nur gewinnen, sondern, und das ist der weitaus schwierigere Teil, auch in Zukunft halten? Denn die Bereitschaft, den Arbeitgeber zu wechseln, wenn die Bedingungen nicht den Erwartungen entsprechen, sind so hoch wie nie zuvor.

 

Selbstbestimmung ist das neue Statussymbol

Die Erkenntnis lautet: Den jungen Mitarbeitern Selbstbestimmung zuzugestehen. Selbstbestimmung ist das neue Statussymbol!!! Vor kurzem schrieb hier mein Kollege Oliver Rothfuß, der zur sog. Generation X gehört, dass er solche Wünsche und Ziele weniger als eine Generationenfrage betrachtet, sondern eher als eine der Lebensphase. Er führte dafür das Beispiel von 68ern an, die in jungen Jahren für ihre Autonomie kämpften und später Karriere in den von ihnen zuvor so bekämpften und verhassten Strukturen gemacht haben.

Es stimmt sicher, dass mit wachsendem Lebensalter die Realität Einzug hält. Dennoch sehe ich einen Unterschied, denn unsere Generation Y gilt bereits als sehr pragmatisch. Das heißt, wir haben nicht nur Ideale, die einfach deshalb, weil sie Ideale sind, es auch bleiben, sondern wir haben sehr konkrete Vorstellungen vom Leben, die wir umsetzen wollen.

 

» Wir nehmen die Konsequenzen unserer Wünsche in Kauf«

Diese Tabelle zeigt spezielle Verhaltensweisen der drei Generationen der babybommer, der Generation X und der Generation Y. Die Kategorien sind auf das Arbeitsleben bezogen, bspws. auf den Führungsstil, die Art der Kommuikation oder die Affinität zu den sozialen Medien.
Zwischen den Generationen: Kategorien dienen der Überprüfung eigener Einstellungen und Verhaltensweisen

Waren Autonomie und Selbstbestimmung in vorigen Generationen eher Nischenthemen, gehören sie für meine Generation zum Alltag. Wir nehmen die Konsequenzen unserer Wünsche in Kauf und setzen Prioritäten. Unternehmen beginnen darauf zu reagieren und unterbreiten immer häufiger Angebote für Teilzeitarbeit, Sabbaticals, Job-Sharing, etc. Und das eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Vielleicht ist meine Generation auch eine, die besonders viel Verantwortung hat, weil sie mehr Möglichkeiten als die vorangegangenen Generationen hat und nun in der Verantwortung ist, diese Möglichkeiten auch zu nutzen.

 

Warum heute einiges anders ist als vor 20 Jahren

Generationen können nie losgelöst von den gesellschaftlichen Umständen, in denen sie leben, betrachtet werden. Allein deshalb ist heute einiges anders als noch vor 20 Jahren. Eine Generation wird geprägt von den Ereignissen der Zeit und der aktuellen Situation der Gesellschaft. Heute sprechen wir vom demographischen Wandel – und natürlich hat diese Entwicklung Einfluss darauf, ob und bis zu welchen Maße wir als Generation Y unsere Wünsche und Forderungen auch in Zukunft umsetzen können.

Heißt das nun, dass wir alle Jan Müllers sind? Nein bestimmt nicht, denn diese Figur ist nur der Durchschnitt einer sehr heterogenen Menge junger Menschen, mit völlig unterschiedlichen Chancen, Qualifikationen, Wünschen und Zielen. Aber vergessen sollten wir ihn auch nicht, denn Jan Müller ist anders als sein Großvater und sein Vater und wird auf andere Dinge Wert legen als diese. Gerade weil manche Branchen und Unternehmen klagen, dass sie nur schwer geeignetes Personal fänden, ist es umso wichtiger, in den Austausch zu gehen und herauszufinden, was die nächste Generation motiviert, sich bei diesen Unternehmen zu bewerben und ihnen treu zu bleiben.

Die Serie “Zwischen den Generationen”

Schluss mit dem sinnlosen WLB-Begriff

Sinnsucher, Pragmatiker, Rebell?

Ideale – eine Frage der Lebensphase?

Globale Sehnsucht nach Sinn

Generation Y im Vorstellungsgespräch

Dialog in der ZEIT zum Phänomen Jan Müller

Jan Müller hat schon alles

Jan Müller hat noch nicht alles

Weitere Beiträge zum Themenfeld Motivation

Wenn Geld korrumpiert

Für jeden Mitarbeiter das individuelle Bonbon

Anreize und Rituale

Tatort Demotivation

Die Serie: Motivation und der Gallup Pfad

Teil 1: Fokus auf das Haben statt auf das Soll

Teil 2: Fallstricke der Motivation