Fehlbesetzungen im Vertrieb können fatale Folgen haben. Mitarbeiter, die gegen ihren Willen, etwa im Rahmen einer Umstrukturierung, in den Vertrieb versetzt werden, von ihren Kompetenzen aber in diese Organisationseinheit überhaupt nicht passen, werden die gewünschte Leistung nicht erbringen. Fehlbesetzungen schaden der Organisation, dem Betriebsklima und fördern zunehmend Demotivation. Und die negativen Auswirkungen von Fehlbesetzungen zeigen sich umso gravierender, je höher der Fehlplatzierte sich auf der Hierarchieleiter befindet. Hier ist eine nochmalige Differenzierung erforderlich: Welche Kompetenzen sind für welche Hierarchiestufe erforderlich?

 

Ein Versicherungsvertrieb beklagte, dass trotz größter Bemühungen ein Teil der Vertriebsmannschaft nicht von dem sehr erfolgreichen anderen Teil der Mannschaft lernen würde. Trotz Workshops, Schulungen und Coachings. Es stellte sich heraus, dass die „Lernunwilligen“ zuvor als technische Zeichner gearbeitet hatten. Sie waren im Rahmen einer Umstrukturierung zu Vertriebsmitarbeitern wider Willen gemacht worden. Die ASSESS-Potenzialanalyse zeigte es deutlich: Nur drei von 15 Testprobanden hatten die Grundbefähigung für erfolgreichen Vertrieb. Im Rahmen der Lösungsfindung arbeiteten die eher introvertierten Mitarbeiter von nun an in einem Kompetenzcenter im Hintergrund, von dem aus sie den Vertrieb mit Fachwissen versorgten.

Was aber macht den erfolgreichen Vertriebler aus? Nur beispielhaft seien hier genannt:

  • Innovationskraft
  • Anpassung an Veränderungen
  • Ergebnisorientierung
  • Sozialkompetenz

 

Mitarbeiter oder Chef? Der kleine aber feine Unterschied

Nun kann man meinen, dies gelte für jeden Mitarbeiter im Vertrieb bis zur Führungsebene. Hier allerdings sind die feinen Differenzierungen maßgeblich.

An der Kompetenz “Ergebnisorientierung” etwa sind die unterschiedlichen Anforderungen an normalen Mitarbeiter und Führungskraft im Vertrieb deutlich abzulesen:

Ergebnisorientierung: Weit über den Abschluss eines Vertrages hinaus, wie er für den Vertriebsmitarbeiter maßgeblich ist, bedeutet Ergebnisorientierung für die Führungskraft, dass sie sowohl von sich selbst als auch vom Unternehmen das Erreichen und das Übertreffen vereinbarter Ziele einfordert. Hier setzen die Persönlichkeitsmerkmale Selbstsicherheit, Eigenständigkeit, Arbeitstempo, Realismus und Stresstoleranz die Akzente.

 

Aspekte für Führungskompetenz im Vertrieb

Vor allem aber muss der Vertriebsleiter Führungsaspekte beherrschen. Hierzu zählen beispielsweise:

  • Zielorientierte Führung: Es gilt, die Mitarbeiter zum Erreichen der Unternehmensziele und individueller Ziele zu motivieren. Hier spielen sieben Persönlichkeitsaspekte eine Rolle: Selbstsicherheit, Menschenbild, der Wunsch, gemocht zu werden, Umgänglichkeit, Arbeitstempo, Eigenständigkeit und emotionale Ausgeglichenheit. Eine zu große Eigenständigkeit – alles selbst machen zu wollen –  kann hier hinderlich sein, da diese Führungskraft Schwierigkeiten hat, angemessen zu delegieren. Auch Skeptizismus im Menschenbild kann den Blick für die Stärken der Mitarbeiter verstellen.
  • Motivationskraft: In welchem Maße ist die Führungskraft fähig, andere zu guten Leistungen anzuspornen und Begeisterung auszulösen? Auch dies  hängt wieder von den jeweiligen Gewichtungen ab: im Menschenbild, in der emotionalen Ausgeglichenheit, im Arbeitstempo und in der Selbstsicherheit. Eine sehr kritische Einstellung anderen gegenüber (Menschenbild) kann im Kontext Motivation hinderlich sein.

Die Macht des Unbewussten

Das Denken und Handeln der Führungskraft im Vertrieb läuft wie unser gesamtes Denken und Handeln in großen Teilen über das Unbewusste ab. Die Forschung spricht von einem Anteil von 85 Prozent unbewusster Prozesse in unserem Gehirn, die unser Denken und Tun steuern. In welchem Maße Persönlichkeitsaspekte  das berufliche Selbstbild und damit unser Verhalten bestimmen können, ohne dass dies dem Akteur bewusst wäre, machen die sieben Führungslogiken deutlich.

Hinweis: Dieser Beitrag ist in Auszügen dem Buch “Change Management im Vertrieb – das Praxishandbuch für Entscheider” Haufe-Verlagsgruppe, entnommen

 

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