„Von der Zukunft her denken“ fordert der Philosoph Otto Scharmer, Lehrbeauftragter am MIT (Massachusetts Institute of Technology). Sein Plädoyer gilt einem Wachstum, das sich nicht allein am BIP orientiert. Scharmer plädiert statt dessen für ein Wachstum, das Perspektiven jenseits des Messbaren zulässt und den Bogen von Geschehenem zur Gegenwart bis zum Noch-Denkbaren spannt. Solch ein Verständnis betrifft nicht nur die Entwicklung von Unternehmen sondern auch die Führungskultur.

Ein Unternehmen lebt durch die Menschen, die dort arbeiten und gewinnt durch die Denk- und Verhaltensweisen eine spezifische Charakteristik. Umgekehrt wirkt sich das Unternehmensverständnis auch auf diejenigen aus, die hier tätig sind. Ein stabiles und dynamisches Unternehmen verkörpert jeweils gegensätzliche Einstellungen und Verhaltensweisen. Analog unterscheiden wir – auf die Kraft des Führens bezogen – zwischen systematischem und systemischem Führen. An sieben Komponenten des Führens lassen sich Charakteristika einer Führungskultur gut erkennen.
 

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Von der Zukunft her denken: Die Kraft des Führens

 
Führungsstil

  • Die Führungskraft orientiert sich entweder eher an Sacherwägungen „Muss Personal abgebaut oder aufgestockt werden?“
  • oder an grundlegenden Werten: „Wie gut klappt das Teamwork, werden individuelle Potenziale erkannt und gefördert?“

Denkweise

  • Wissen und Logik sind zielführend bei der systematischen Führungskraft, „gibt es zu dieser
    Vorgehensweise best-practice-Belege?“
  • Wertvorstellungen und Handlungslogiken hingegen spielen für den Systemiker eine wichtige Rolle „passen das Gemeinschaftsgefühl von Abteilung A und die Leistungsorientierung von Abteilung B zusammen?“

Komplexität

  • Die systematische Führungskraft versucht Komplexität ‚niederzuringen‘ und auf Teilaspekte zu reduzieren „das klammere ich jetzt einfach aus meinen Überlegungen aus“.
  • Im systemischen Führen stellt sich die Führungskraft der Komplexität von Herausforderungen. Sie akzeptiert Komplexität und bindet sie in ihr Führungsverhalten ein. Sie bringt sie damit ‚unter Kontrolle‘ – einmal ganz frei konnotiert: If you can’t beat them, join them.

Führungsmuster

  • Die systematisch agierende Führungskraft richtet ihr Augenmerk aufs Stabilisieren bestimmter Führungsmuster. Tritt sie einmal mit der Handlungslogik Macht auf, als derjenige, der die Dinge energisch vorantreibt und die Mitarbeiter-‚Herde‘ auf Zack bringt, so wird sie diesem Muster in jeder Situation treu bleiben. Das ist keineswegs nur negativ. Die Handlungslogik Macht ist in bestimmten Situationen absolut notwendig. Wenn sie nicht eingesetzt wird, kann sonst allgemeines Chaos entstehen. Sie ist aber eben nicht in jeder Situation richtig: Viele Change-Prozesse scheitern daran, dass die Führungsspitze Veränderungen machtvoll durchdrücken wollte.
  • Die systemisch agierende Führungskraft praktiziert die jeweilige Handlungslogik nach Graves je nach situativem Erfordernis.

Motivation

  • Die systematische Führung setzt auf die extrinsische Motivation (Belohnen und Befördern),
  • die systemische Führung auf die intrinsischen Motivatoren (Fördern und Fordern).

Hierarchie

  • Die Führungskraft ist je nach Gewichtung eher autoritär, ordnet an und setzt durch
  • oder eher Sparringspartner und sucht gemeinsam mit den Mitarbeitern nach der besten Lösung.

Leistungsdefinition

  • Die systematische Führungskraft legt Leistungsort und Zeitpunkt der Leistung für den Mitarbeiter fest und beschreibt die Aufgaben detailliert. Dadurch herrscht eine Einwegkommunikation vom wissenden Management zum Arbeitenden.
  • In einer systemischen Führungskultur wird die Belegschaft in den Prozess des „was ist zu tun und wie ist es zu tun?“ einbezogen. Damit wird ein Gesamtsinn für alle Beteiligten generiert. Erst danach wird überlegt, wer diese Arbeit übernehmen und wo sie erbracht werden soll.

In der Summe der Verhaltensmodi lässt sich festhalten: Systemische Führung und damit Leadership 2.0 richtet ihre Aufmerksamkeit weniger auf die Manifestation des Bestehenden sondern stärker auf die Entwicklungspotenziale.

Hinweis: Dieser Beitrag ist in Auszügen dem Buch “Change Management im Vertrieb – das Praxishandbuch für Entscheider” Haufe-Verlagsgruppe, entnommen.

 

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Category: Führung, Standpunkte