Die Idee des Mitarbeitergesprächs ist, dass Mitarbeiter und Führungskraft miteinander und nicht übereinander sprechen. Damit sich für beide Gesprächsteilnehmer ein erfolgreicher Termin entwickelt, sind einige Aspekte der Gesprächsführung zu beachten. Denn die Arbeitsbeziehung soll gefestigt werden, statt sie zu beschädigen. In Teil 3 unserer Reihe zum Mitarbeitergespräch beschäftigen wir uns damit, welche innere Einstellung jeder der Gesprächspartner hat. Diese beeinflusst den Gesprächsverlauf oft maßgeblich.
Eine Voraussetzung für das Gelingen des Gesprächs ist eine durch Wertschätzung und Sachlichkeit gleichermaßen geprägte Gesprächsatmosphäre. Aufmerksames Zuhören auf beiden Seiten ist für das Gelingen genauso entscheidend wie das direkte Ansprechen persönlicher Eindrücke und Vorstellungen. Die folgenden Verhaltensweisen können einer Führungskraft helfen, die gewünschte konstruktive und offene Gesprächsatmosphäre herzustellen:
- Sprechen Sie auch Kritisches an.
- Vergessen Sie dabei aber niemals, auch Positives auszusprechen!
- Fragen Sie nach den Sichtweisen Ihres Gesprächspartners!
- Vermeiden Sie Schuldzuweisungen. Schildern Sie stattdessen Beobachtungen und Eindrücke und weisen Sie auf die Auswirkungen hin!
- Fragen Sie nach konkreten Beispielen!
- Hüten Sie sich davor, Sorgen zu banalisieren, etwa in der Form: „Es ist doch halb so schlimm, wenn…“!
Unbewusste Beurteilungstendenzen
Objektivität in einer Beurteilung kann nur angestrebt werden. Um die subjektiven Einflussfaktoren zu minimieren, die die innere Einstellung des Beurteilenden prägen, stellen wir an dieser Stelle die wichtigsten Beurteilungstendenzen vor:
Die impliziten Persönlichkeitstheorien
Allgemeine Annahmen darüber, wie Menschen sind und wie sie handeln, verzerren die Wahrnehmung und Beurteilung (z.B. „Introvertierte Menschen können nicht vor einer Gruppe reden“).
Die Tendenz zur Strenge bzw. zur Milde
Der Beurteilende bewertet die Verhaltensweisen des Teilnehmers zu streng oder zu mild.
Der Attributionsfehler
Für eine (nicht) gezeigte Leistung oder ein (nicht) gezeigtes Verhalten wird eine unzutreffende Ursache angenommen, z.B. werden, „böse Absichten” für ein Verhalten unterstellt, das aus der Perspektive des Handelnden sachdienlich gemeint war. Damit hat der Beurteilende bereits eine Wertung vorgenommen.
Die selbsterfüllende Prophezeiung
Der Beurteilende besitzt, möglicherweise durch vorangegangene Aussagen desjenigen, den er nun beurteilen soll, ein Bild über diesen und versucht, zumindest unbewusst, dieses Bild für sich zu bestätigen. Dies führt in der Folge oftmals dazu, dass der Gesprächspartner dann auch entsprechend der Einschätzung reagiert.
Ein kleines Beispiel: Eine Führungskraft hat den Eindruck gewonnen, dass sein Mitarbeiter die wöchentlich anberaumten Meetings als Zeitverschwendung empfindet. Er hat einmal zufällig mitbekommen, wie sich der Mitarbeiter generell über Rituale lustig machte. Im Mitarbeitergespräch sagt die Führungskraft zum Mitarbeiter: „Mir ist klar, dass Sie unsere Meetings nicht besonders schätzen“. Es ist nun durchaus möglich, dass der Mitarbeiter unbewusst diese Einschätzung übernimmt, obwohl er zuvor die Meetings gar nicht schlecht fand.
Der Halo-Effekt
Wenn der Beurteilte in den Augen des Beurteilenden in einem zentralen Merkmal den Anforderungen nicht entspricht, dann hat dies Auswirkungen auf die Beurteilung der weiteren, ebenfalls wichtigen Merkmale. Oftmals werden Menschen in weiteren Merkmalen dann auch tendenziell schwächer beurteilt. Der Effekt wirkt natürlich auch in die positive Richtung.
Der Halo-Effekt ist aus dem griechischen Wort halos (ἅλως), das einen Lichtring um Sonne oder Mond („Halo“) bezeichnete. In der Sozialpsychologie wird darunter die Tendenz verstanden, von einem Merkmal auf das gesamte zu schließen. Ein typisches Beispiel für einen Halo-Effekt wäre, wenn ein Personalchef von einem ansprechenden Äußeren auf Engagement am Arbeitsplatz schließt – oder einen ungepflegten Bewerber von vornherein als vermutlich leistungsschwach einstuft.
Der erste und der jeweils letzte Eindruck
Der (später) Beurteilende lernt einen neuen Mitarbeiter kennen, macht sich aufgrund erster Arbeitssituationen ein fertiges Bild und korrigiert es nicht mehr. Umgekehrt beeinflusst der aktuell letzte oder auch jüngste Eindruck, den der Beurteilende vom Beurteilten mitgenommen hat, rückwirkend die Wahrnehmung dessen, was der Beurteilte vor dieser Wahrnehmung getan oder gesagt hat und verzerrt dessen Bewertung. Die innere Einstellung der Führungskraft gegenüber diesem Mitarbeiter kann nun, je nach aktuell jüngstem Eindruck, eher positiv oder eher negativ sein.
Zum Abschluss: Mögliche Konflikte beidseitig betrachtet
Das Mitarbeitergespräch ist eine wichtige Gelegenheit, auch Kritisches anzusprechen. Dies gilt für Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen. Nur so besteht die Chance, ein gemeinsames Verständnis der Situation zu entwickeln, Vereinbarungen zu treffen und in der Sache und in der Beziehung einen großen Schritt voranzukommen. Um diese Chance zur Klärung von eventuell vorhandenen Konflikten zu nutzen und auch um das Entstehen neuer Konflikte im Laufe des Gesprächs zu verhindern, sollten die Gesprächsteilnehmer folgenden Punkten Beachtung schenken:
- Nehmen Sie sich Zeit.
- Formulieren Sie Erwartungen, Vorstellungen und Positionen konkret.
- Lassen Sie einander ausreden.
- Hören Sie einander genau zu, versuchen Sie die Hintergründe, Interessen und Motive Ihres Gesprächspartners wirklich zu verstehen.
- Formulieren Sie Erwartungen, Vorstellungen, Positionen konkret.
- Fragen sie nach Lösungsvorschlägen.
Die Reihe zum Mitarbeitergespräch
Teil 1: Die Kultur des miteinander Sprechens
Teil 2: Gute Vorbereitung ist der halbe Sieg
Teil 4: Wie das MA-Gespräch läuft, hat viel mit dem Führungstyp zu tun