Führungskräfte, deren Fokus auf dem Fachwissen und weniger auf der Entwicklung von Mitarbeiterpotenzialen liegt, geraten rasch in den Verdacht: Der oder die könnte am falschen Platz sein; „Die Falschen an der Spitze“ warnte das Onlineportal des Handelsblatts. Warum sind es die Falschen? Weil Karrierepfade in Unternehmen vorrangig auf die klassische Führungsrolle mit dem Schwerpunkt Mitarbeiterentwicklung ausgelegt sind. Adäquate Karrierepfade werden nur selten angeboten. Es gibt Modelle, um auch den Kollegen, denen das Führen von Menschen weniger liegt, die aber exzellente Fachleute sind oder große Fähigkeiten im systematischen Entwickeln von Projekten haben, adäquate Karrierepfade zu bieten. In Teil 2 unserer Reihe „Karrieremodelle“ vertiefen wir strukturelle und prozessuale Voraussetzungen.
Die Frage, welche Karrierepfade es im Unternehmen geben soll, ist eng mit folgenden Fragestellungen verknüpft:
- In welche Ebenen sollen die jeweiligen Karrierepfade aufgeteilt werden und wie können Karriererollen innerhalb dieser Karrierepfade definiert werden?
- Wie sind die Zuordnungskriterien, um eine Gleichwertigkeit innerhalb der jeweiligen Karriereebenen zu gewährleisten?
- Welche Anwärter eigenen sich für welche Karrierepfade und wie gelingt die Identifikation?
Karrierepfade: Drei Wege für den Aufstieg im Unternehmen

Karrierepfade bündeln inhaltlich verwandte Karriererollen; die Karriererollen sind jeweils auf einer Ebene miteinander gleichwertig, wie es unsere Abbildung zeigt. In unserem exemplarischen Modell gibt es drei Ebenen der Führung zwischen Mitarbeiterschaft und Vorstand eines Unternehmens.
Wir möchten anhand einer konkreten Definition von drei verschiedenen Aufgabenfeldern auf der jeweils untersten Führungsebene verdeutlichen, dass jedes dieser Aufgabenfelder von gleicher Bedeutung ist.
♦Der Gruppenleiter ist für die Entwicklung einer Gruppe zuständig, etwa indem er bestimmte Rollen definiert, die zur Erfüllung eines Projekts erforderlich sind und die hierfür am besten geeigneten Mitglieder des Teams identifiziert: vom Systematiker, der ein Projekt systematisch begleitet und dokumentiert bis zum kreativen Kopf, der Inspirationen bringt.
♦Der Projektleiter achtet auf die Faktoren, die erfolgsrelevant sind: Sind bspw. ausreichend Ressourcen zur Umsetzung vorhanden – personeller und sachbezogener Natur? Wie verläuft die Qualitätssicherung? Welcher Zeitrahmen ist geplant und kann dieser eingehalten werden? Sollte sich aus externen Entwicklungen heraus ein neuer Zeitrahmen ergeben, müssen auch die anderen Faktoren angepasst werden.
♦Der Fachberater kennt das Produkt oder die Dienstleistung am besten von allen Beteiligten. Dies können der aktuelle Forschungsstand bei einem Pharmaprodukt sein oder der Stand der Technologie beim einem IT-Projekt oder die Kommunikationskanäle bei einer Marketingkampage. Der Fachberater ist bei der professionellen Weiterentwicklung der Erste unter Gleichen.
Gleichwertigkeit durch Zuordnungskriterien und Symbole
Entscheidend für die Akzeptanz verschiedener Karrierepfade ist eine Gleichwertigkeit der jeweiligen Karriereebenen und Rollen. Hier können spezifische Kriterien hilfreich zur Überprüfung und Wahrung der Gleichwertigkeit sein.
- Ist der Umfang der Verantwortung zwischen bspw. Gruppenleiter, Projektleiter und Fachberater gleich groß?
- Wie verteilen sich Verantwortlichkeiten im Mitarbeitergespräch?
- Sind die Aufgaben ähnlich komplex? Braucht es für jede dieser Aufgaben vergleichbare Erfahrungen und Kompetenzen?
- Haben die jeweiligen Aufgabenbereiche einen ähnlich starken Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Unternehmens?
- Ist der Schwierigkeitsgrad etwa gleich hoch?
- Haben die jeweiligen Führungskräfte eine ähnlich geartete Budgetverantwortung?
- Sind die Gehaltsbänder innerhalb der jeweiligen Karriereebene vergleichbar? Und ist die Art des Gehalts – fixe oder variable Vergütungssysteme – vergleichbar?
- Verfügen die jeweiligen Führungskräfte über ähnliche Statussymbole wie Firmenwagen, eigenes Büro oder bestimmte Büroausstattung?
- Sind sie mit vergleichbaren Vollmachten ausgestattet und ist der Grad ihrer Einflussnahme vergleichbar? Etwa durch die Teilnahme an Strategie-Workshops und die Einbindung in Informationsprozesse?
Karrierepfade: Wer eignet sich wofür und warum?
Zum Schluss aber in der Bedeutung keineswegs zuletzt steht die Frage, wer die Hauptverantwortung für die Identifikation möglicher Kandidaten für eine Führungskarriere, eine Projektleiter- oder eine Fachberaterkarriere trägt? Dies ist immer die jeweils nächsthöhere Führungsebene, im Falle des Bereichs- resp. Programmleiters resp. Chefberaters wären Geschäftsführung oder Vorstand mit dieser Aufgabe betraut.
In jedem Fall sollte aber die Personalabteilung im Rahmen ihrer Personalentwicklung flankierende Maßnahmen schaffen und anbieten, um die Identifikation zu erleichtern. So können Checklisten mit bestimmten Anhaltspunkten und ein klares Procedere für ein Identifizierungs- und Nominierungsverfahren den Boden für die erfolgreiche Etablierung verschiedener Karrierepfade bereiten.
Die Reihe Karrieremodelle
Teil 1: Gibt es auch eine Karriere ohne Mitarbeiterverantwortung?