Globalisierung, Digitalisierung: es vergeht kein Tag an dem diese Themen im gesellschaftlichen, politischen oder ökonomischen Kontext nicht diskutiert werden. Und im Fahrwasser dieser Themen wird unter dem Stichwort Neue Arbeitswelten zusätzlich ein weiterer Themenkomplex immer bedeutsamer.
Dabei geht es im Kern um folgende Fragestellungen:
– Wie muss / kann ein Arbeitsplatz (der Zukunft) gestaltet bzw. ausgestattet ein?
– Wie können die Arbeitsbedingungen bzw. kann die Leistungserbringung selbst flexibilisiert werden?
So spezifisch die Antworten abhängig von der jeweiligen Branche und dem jeweiligen Unternehmen auch sein mögen, die Fragen selbst und die Notwendigkeit, hierauf Antworten zu finden, sind branchenübergreifend bedeutsam. Natürlich waren diese Fragestellungen schon immer relevant oder hätten es zumindest sein müssen, aber im Wesentlichen sind es drei Entwicklungen, die den Nährboden für die Thematik der „neuen Arbeitswelten“ liefern:
a) Einerseits eröffnet die Digitalisierung rein technologisch im Kontext der Arbeitsplatzausstattung und Gestaltung, aber auch im Kontext flexibler Leistungserbringung ganz neue Möglichkeiten
b) Andererseits erfordert der zunehmende Bedarf an agilen Arbeitsweisen und im Zuge dessen auch an selbstorganisiert arbeitenden Teams eine anders ausgestattete Arbeitsumgebung.
c) Und zusätzlich muss dem zunehmenden Bedürfnis der Beschäftigten, das Berufs- und Privatleben eigenverantwortlicher und damit besser miteinander verzahnen zu können, Rechnung getragen werden, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein und zu bleiben.
In Summe könnte all dies zu einer win-win-Situation für die Unternehmen und die Beschäftigten führen, aber eben nur dann, wenn die denkbaren negativen Begleiterscheinungen erkannt und offensiv bearbeitet werden. Nachfolgende Beispiele sollen das exemplarisch verdeutlichen.
Home-Office-Arbeit braucht eine dazu passende Kultur
Das mobile Arbeiten, insbesondere die Arbeit im sogenannten „Home-Office“ wird weiter zunehmen, sofern die Tätigkeitsprofile der Mitarbeiter dies zulassen. Die Leistungserbringung wird damit hinsichtlich Ort und ggf. auch Zeit flexibilisiert. Es ist aber gleichzeitig auch festzustellen, dass die Möglichkeit im „Home Office“ zu arbeiten, gar nicht von allen Mitarbeitern – aus unterschiedlichsten Gründen – gewünscht wird. Daher darf dieses Angebot nicht als Zwang missverstanden werden.
Und zusätzlich darf die Arbeit im Home-Office nicht dazu führen, dass wichtige und zyklisch notwendige Teamkommunikation sowie der Teamspirit auf der Strecke bleiben. Die Balance zwischen An- und Abwesenheit muss für die jeweilige Teamsituation also stimmen. Hier ist es hilfreich, im Team transparente und von allen akzeptierte Spielregeln zu erarbeiten.
Die Möglichkeit zur Home-Office-Arbeit bedeutet einen Wandel von der Präsenzkultur zur Ergebniskultur auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens. Es handelt sich also um einen signifikanten Wandel der (Führungs-) Kultur. Auf diesen sind Mitarbeiter wie Führungskräfte vorzubereiten. Wenn Führungskräfte nicht bereit sind, ihren Mitarbeitern zu vertrauen und wenn umgekehrt die Mitarbeiter mit diesem Vertrauen und der damit einhergehenden Selbstverantwortung nicht umgehen können, ist Home-Office zum Scheitern verurteilt.
Datenschutz bekommt eine neue Dimension
Bei Arbeitsplätzen mit einem hohen Digitalisierungsgrad werden die unterschiedlichsten Informationen erfasst. Es werden dabei u. U. auch personenspezifische Auswertungen in einem vorher nie dagewesenen Maße möglich. Dies zerstört Vertrauen und schürt Ängste. Insofern ist auch hier eine absolute Transparenz und Verbindlichkeit darüber herzustellen, welche Daten erfasst werden, was ausgewertet wird, aber vor allem, was nicht ausgewertet wird. Ansonsten wird ein Arbeitsklima entstehen, welches niemand wirklich wollen kann und welches über kurz oder lang auch der Produktivität des Unternehmens schaden wird – spätestens dann, wenn Mitarbeiter kündigen.
Mit der Digitalisierung darf die Arbeitslast nicht permanent steigen
Nach einer aktuellen Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) scheint leider das Gegenteil der Fall zu sein. Dabei gaben 46 Prozent der Betroffenen an, dass ihre Arbeitsbelastung durch die Digitalisierung größer geworden sei. Nur 9 Prozent berichteten von einer geringeren Belastung.
Viele Arbeitnehmer beklagen sich nach DGB-Angaben über mangelndes Mitspracherecht, wie digitale Anwendungen eingesetzt werden. Jeder Zweite fühlt sich ohnmächtig dieser Entwicklung ausgesetzt. Geklagt wurde vor allem darüber, dass Arbeitsvolumen und «Multitasking» zugenommen hätte. 56 Prozent beklagten eine Zunahme der gleichzeitig zu bewältigenden Aufgaben.
Dieses Ergebnis ist in meinen Augen nicht wirklich überraschend, denn die technischen Kanäle über die wir Informationen erhalten und verarbeiten, wachsen kontinuierlich. Es braucht auch hier Transparenz der gegenseitigen Erwartungen und im Zweifel auch klare Spielregeln. So haben mittlerweile schon einige Unternehmen Policies darüber erlassen, zu welchen Uhrzeiten z. B. keine Mails mehr versendet werden dürfen.
Die neuen Arbeitswelten im digitalen Zeitalter können nur dann als Segen erlebt werden, wenn wir auch bereit sind, die negativen Begleiterscheinungen früh genug zu erkennen und an diesen zu arbeiten und zwar gemeinsam: Unternehmen wie Mitarbeiter.
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