Bedenken Sie: jede Veränderung – so sie denn signifikant und ernstgemeint ist – bewirkt, dass Ihre Mannschaft zukünftig entweder andere Dinge zu tun hat oder die Dinge anders zu erledigen hat. Kompetenzen müssen angepasst, erweitert oder ganz neu definiert werden. Möglicherweise ist sogar eine andere Haltung bzw. Einstellung zum jeweiligen Aufgabengebiet erforderlich. Die Angst, dass man das Neue nicht bewältigen kann, dass man hierzu vielleicht unfähig ist, dass man das nicht „schafft“, ist unmittelbar menschlich und ist ein weiterer Motor für Widerstand und Ablehnung.

 

Häufig findet dieser Widerstand dann auch noch verdeckt statt, denn wer gibt schon gern zu, dass er Angst hat, etwas Neues nicht zu können, Kompetenzen (noch) nicht zu haben, die jetzt erforderlich sind. Sind Ihre Mitarbeiter zudem eher selbstbewusst und rhetorisch bewandert, so werden sie sicherlich kreativ genug sein, Scheinargumente zu kreieren bzw. geschickte Interventionen zu starten, um zu beweisen, dass die intendierte Veränderung nicht sinnvoll ist.

Kompetenzen bedeuten die Summe aller Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse, Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale, die als Grundlage dienen, um eine Funktion in einer Organisation erfolgreich und effektiv zu erfüllen und damit die Erreichung von strategischen Unternehmenszielen zu unterstützen.


Sie wollen beispielsweise ein professionelles Reklamationsmanagement einführen, um die Kundenzufriedenheit und -bindung wieder zu erhöhen. Sie beschränken sich aber ausschließlich auf das Implementieren einer Software und eine Prozessoptimierung.

 

Ein Change-Prozess ist eine sehr lebendiges und komplexes Geschehen. Um bildlich gesprochen, das Schiff auf Kurs zu halten, ist das Umlegen bestimmter Stellhebel erforderlich. Wird ein Stellhebel oder werden mehrere nicht umgelegt, wie etwa klare Zielsetzung und Kommunikation, droht das gesamte Vorhaben zu scheitern - oder bildlich gesprochen, das Schiff auf Grund zu laufen.
Sechs zentrale Stellhebel sind entscheidend für das Gelingen des Change-Prozesses. Verabsäumt der Change-Verantwortliche, einen – oder mehrere – Stellhebel umzulegen, droht das Scheitern des Veränderungsprozesses.

 

Diese Veränderung kann hinsichtlich des eigentlichen Zieles schlimmstenfalls vollkommen wirkungslos sein: Etwa dann, wenn Ihre Mitarbeiter die Reklamation eines Kunden nach wie vor als lästige Intervention betrachten statt als Chance – und wenn sie nicht in der Lage sind, im Kontakt mit einem unzufriedenen Kunden die notwendige, kommunikationspsychologisch so wichtige Gelassenheit und Empathie zum „gefrusteten Kunden“ aufzubauen. In diesem Fall sind die dahinterliegenden (guten) Prozesse und Tools nichts wert.

 

 

 

Unterlassungssünde: “Soft-Facts” bleiben unbeachtet

Obwohl niemand die Bedeutung des Erfolgsfaktors „Kompetenzen“ ernsthaft anzweifelt, erleben wir in der Praxis immer wieder, dass an dieser Stelle gern das Investment in Zeit und Geld eingespart wird. Wahrscheinlich, weil bei den meisten Veränderungen „Hard Facts“ wie Prozesse und Tools sichtbare, notwendige Voraussetzungen darstellen.

Wird hingegen das ebenfalls notwendige Verbessern  der ‚Soft-Facts‘ unterlassen, wird das intendierte Veränderungsziel nur noch partiell oder gar nicht mehr erreicht. Leider sind die Auswirkungen dieses Unterlassens nicht eindeutig messbar, so dass diese „Unterlassungssünden“ auch immer wieder begangen werden.

Und kommen wir noch einmal zurück auf den Umgang mit Kundenkritik: Mitarbeiter, beispielsweise im Vertrieb, deren Aufgabe der (permanente) Kundenkontakt ist, würden möglicherweise allein die freiwillige Teilnahme an einer Schulung in einer Ich brauch doch so was nicht! Das kann ich doch schon!“.

Hinweis: Dieser Beitrag ist in Auszügen dem Buch “Change Management im Vertrieb – das Praxishandbuch für Entscheider” Haufe-Verlagsgruppe, entnommen

Weitere Beiträge zu “Stellhebel im Change-Prozess”

Sechsmal checken, justieren, handeln

Große Visionen, pragmatische Ziele

Gibt es eine angemessene Kommunikation?

Das Wechselspiel von Anreizen und Ritualen