Ein Veränderungsprozess löst im Regelfall und im ersten Reflex bei den Mitarbeitern eher Abwehr als freudige Zustimmung aus. Für den Change-Verantwortlichen ist die Mitarbeitermotivation eine große Herausforderung. Liebgewordene Rituale spielen eine wichtige Rolle bei der sorgfältigen Auswahl der in dieser Situation optimalen Anreize. Aber auch eine weitergehende Beschäftigung mit Aspekten der Motivationspsychologie ist lohnenswert. Im doppelten Sinne des Wortes.

 

Mitarbeitermotivation: Innere Einstellungen zu ändern, ist sehr schwer, dafür aber sehr wirksam
Mitarbeitermotivation: Innere Einstellungen zu ändern, ist sehr schwer, dafür aber sehr wirksam

Bei der Herkulesaufgabe, Mitarbeiter zu motivieren, scheinen auf den ersten Blick äußere bzw. materielle Anreize vergleichsweise leicht zu stemmen zu sein. Dies kann einen finanziellen Überstundenausgleich betreffen, einen Stellplatz für den PKW auf der Firmenetage oder auch das in-Aussicht-stellen einer Gehaltserhöhung. Innere Einstellungen und Haltungen zu beeinflussen, scheint nicht nur, sondern ist auch eine ungleich schwierigere Aufgabe.

Hier kommen wir sogleich an den Punkt, dass die vermeintlich unkomplizierte und rasch wirkende Mitarbeitermotivation in Gestalt materieller Anreize immer mit Vorsicht zu genießen ist. Denn äußere Reize bergen die Gefahr in sich, dass eine möglicherweise bereits vorhandene oder zumindest „schlummernde“ innere Bereitschaft des Mitarbeiters, die Veränderung mitzugestalten, erstickt wird. Eine vormals vorhandene intrinsische Motivation seitens des Mitarbeiters wird in eine weniger stabile extrinsische Motivation transformiert.

 

Wie lohnenswert ist Mitarbeitermotivation durch Belohnungen?

Motivationsstrategien: Die Grenzen sind fließend
Motivationsstrategien: Die Grenzen sind fließend

Im Rahmen der intrinsischen Motivation handelt ein Mensch aus dem inneren Antrieb heraus, etwas Neues zu erfahren oder zu erlernen, Spaß zu haben etc. Im Rahmen der extrinsischen Motivation wird er durch Belohnungen etc. zu einem Handeln angetrieben. Die Wirkung von Belohnungen verpufft jedoch im Regelfall recht rasch –  oder weckt den Wunsch nach einer Steigerung der Belohnung. Bleibt dieser Wunsch dann unerfüllt, erlischt die Motivation gänzlich.

Die folgende, kleine Fabel „Die Rowdies und der alte Mann“ illustriert dies sehr anschaulich: In dem Moment, in dem Geld ins Spiel kam, verwandelte sich eine ursprünglich intrinsische Motivation in eine extrinsische. Schon beim zweiten Steinchen-Werfen (und beim dritten erst recht) wirkte unbewusst der in Aussicht gestellte ‚Geldsegen‘. Als der dann ausblieb, hatten die Jungs keinen Spaß mehr an der Sache.

 

Die Rowdies und der alte Mann

Ein alter Mann schaute tagtäglich aus seinem Fenster heraus. Ein Gruppe von Jungs hatte sich vorgenommen, ihn ein wenig zu ärgern, indem sie ihn mit Kieselsteinchen bewerfen wollten. Das versprach einfach eine Menge Spaß. Gesagt, getan. Statt sich nun fürchterlich über die Jungs aufzuregen und mit Strafen zu drohen, sagte der Alte, bevor er das Fenster schloss: „Wenn Ihr morgen wiederkommt und mich bewerft, werde ich jedem von Euch 10 Cent geben“. Natürlich hielten die Jungs den Alten für völlig übergeschnappt, aber jetzt keimte zusätzlich ein Gefühl heran, „irre, der will uns auch noch dafür bezahlen, dass wir ihn ärgern“. 

Wer bessert nicht gern sein Taschengeld nebenbei auf?

Sie kamen also am nächsten Tag wieder und bewarfen den alten Mann mit Kieselsteinchen. Bevor dieser diesmal das Fenster schloss, warf er jedem Jungen die versprochenen 10 Cent runter, begleitet von den Worten: „Wenn Ihr mich auch morgen wieder  bewerft, erhält jeder von Euch sogar 20 Cent!“ Jetzt war den Jungs klar, dass der Alte wirklich übergeschnappt sei, aber wer bessert sich nicht gern sein Taschengeld so nebenbei auf? 

Heimliche Hoffnungen und enttäuschte Erwartungen

Also bewarfen die Jungs am nächsten Tag den Alten wieder mit Kieselsteinchen und warteten ungeduldig auf ihr versprochenes Geld und heimlich auf eine weitere Erhöhung der Geldsegens. Diesmal blieb der Alte deutlich länger im Fenster und rief, bevor er es schloss, den Jungs folgenden Satz zu: „Tut mir leid, aber ich kann Euch morgen leider kein Geld mehr geben, denn sonst habe ich selbst nicht mehr genug!“ Darüber waren die Jungs derart enttäuscht und erbost, dass sie den alten Mann nie mehr mit ihren Kieselsteinen belästigten.

Hinweis: Dieser Beitrag ist in Auszügen dem Buch “Change Management im Vertrieb – das Praxishandbuch für Entscheider” Haufe-Verlagsgruppe, entnommen

Weitere Beiträge zum Themenfeld Motivation

Tatort Demotivation

Anreize und Rituale

Für jeden Mitarbeiter das individuelle Bonbon

Was motiviert einen, der schon alles hat?

Die Serie: Motivation und der Gallup Pfad

Teil 1: Fokus auf das Haben statt auf das Soll

Teil 2: Fallstricke der Motivation