Jeder Veränderungsprozess ist so individuell wie die Akteure, die hier mitspielen. Das Einbeziehen wichtiger Keyplayer und die hierfür erforderlichen Werkzeuge aber sind generell entscheidende Erfolgsfaktoren. Die besondere Beachtung von sechs Faktoren bzw. Stellhebeln hat eine hohe Relevanz für jeden erfolgreichen Change-Prozess: Wird einer nicht berücksichtigt, gibt es eine jeweils anders geartete und – mit hoher Wahrscheinlichkeit – auch negative Bilanz.
Diese sechs „Stellhebel“ sollte der Change-Verantwortliche umlegen, natürlich auch hier wieder unter Berücksichtigung der spezifischen Situation des Unternehmens und des Wettbewerbsdrucks, unter dem es steht.
Erster Zentraler Stellhebel: Vision bzw. Ziele
Je nach Veränderungstiefe macht es hier Sinn, eher von Visionen zu sprechen, die durch Ziele im Weiteren spezifiziert werden können und müssen, oder gleich direkt von Zielen zu sprechen. Entscheidend ist, dass ein in der Zukunft liegendes Ergebnis oder ein Zustand beschrieben wird. Vision wäre eher die Antwort auf die Frage: „Wo wollen wir in fünf Jahren stehen?“ als Basis für einen evolutionären Veränderungsprozess. Das Ziel wäre die Antwort auf die Frage „Was genau wollen wir wann erreicht haben?“
Zweiter Zentraler Stellhebel: Kommunikation
Kaum ein Wort wird so selbstverständlich verwendet und doch so unterschiedlich verstanden bzw. gelebt. Selten wird ein Change-Manager für eine „angemessene Kommunikation“ gelobt, denn was ist wirklich angemessen? Entweder es wird eine Informationsflut beklagt oder ein Informationsmangel, manchmal auch beides gleichzeitig, was darauf schließen lässt, dass bei den Adressaten das für sie Entscheidende nicht angekommen ist; „angekommen“ hier sowohl physisch als auch geistig verstanden. Darüber hinaus bedeutet Kommunikation den ausgewogenen und angemessenen Einsatz von schriftlichen wie auch mündlichen bzw. dialogorientierten Kommunikationskanälen. Nur schriftliche oder nur mündliche Kommunikation wird auf Dauer unzureichend sein.
Dritter Zentraler Stellhebel: Fähigkeiten
Jede Veränderung – so sie denn signifikant und ernstgemeint ist – bewirkt, dass die Mitarbeiter zukünftig entweder andere Dinge zu tun oder die Dinge anders zu erledigen haben, eventuell sogar mit einer anderen Haltung zu den Dingen. Die Angst, das Neue nicht zu bewältigen, ist unmittelbar menschlich und ein Motor für Widerstand, der häufig auch noch verdeckt stattfindet – denn wer gibt schon gern zu, dass er Angst hat, etwas Neues nicht zu können.
Vierter Zentraler Stellhebel: Werkzeuge
Werkzeuge oder Tools können Softwaresysteme, aber auch Templates etc. sein, die den Mitarbeitern die neue Form der Arbeit erleichtern bzw. gewisse Handlungsweisen erst effizient möglich machen. So ist die professionelle Steuerung eines Reklamationsprozesses in einem Unternehmen einer gewissen Größe bzw. Fallzahl ohne jegliche Toolunterstützung für die Mitarbeiter im Reklamationsmanagement schwer vorstellbar.
Fünfter Zentraler Stellhebel: Anreize
Im Kontext einer konkreten Veränderung geht es um den Check von Prozessen, Zielvereinbarungen oder Ritualen, die
- einerseits das Erreichen des gewünschten Veränderungsziels behindern oder gar torpedieren könnten,
- andererseits überdacht werden müssten, um im Sinne der Veränderungsziele gewünschte Verhaltensweisen bzw. Ergebnisse anzukurbeln oder zu „belohnen“.
Sechster Zentraler Stellhebel: Projektplanung und -steuerung
Was nützen die besten Ziele, wenn es keine Planung und Koordination von Aktivitäten gibt, um die gesetzten Ziele zu erreichen? Ohne Koordination machen bestenfalls alle mit bestem Wissen und Gewissen, was aus ihrer Sicht sinnvoll ist, um das Ziel zu erreichen. Im schlechtesten Fall macht niemand etwas. Hier kann man entweder von chaotischem Aktionismus sprechen oder von Stillstand.
Hinweis: Dieser Beitrag ist in Auszügen dem Buch “Change Management im Vertrieb – das Praxishandbuch für Entscheider” Haufe-Verlagsgruppe, entnommen
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